Acryl
Die Geschichte des Pulver/Flüssigkeitssystems – bekannt als Acryl – beginnt in den 1950er Jahren und wurde zufällig von dem Zahnarzt Dr. Slack entdeckt. Es ist das erste und längste System der modernen Nagelmodellage und kommt ursprünglich aus der Zahnmedizin auf Basis von Zahnfüllungsmaterial. Als Zweikomponentensystem werden dabei Acrylpowder und Acrylliquid direkt am Pinsel gemischt und auf den Nagel modelliert. Allein der Kontakt dieser zwei Produkte reicht für die Aushärtung (Polymerisation) aus, die Raumtemperatur regelt die Aushärtungsgeschwindigkeit.
Gel
UV-härtende Gele kamen erst in den 1980er Jahren auf den Markt, um eine bessere Alternative zu Acrylnägeln zu schaffen und wurden von da an stetig weiterentwickelt. UV Lampen waren lange Zeit im Einsatz, wurden aber in den letzten Jahren vom Markt verdrängt und durch LED Lampen ersetzt. Durch die LED-Technologie ist eine schnellere und effektivere Aushärtung von Gelen möglich, das Prinzip der Aushärtung ist aber nach wie vor genau das gleiche.
Der Unterschied zwischen Acryl und Gel
Der Unterschied ist gar nicht so groß wie es scheint. Der Name Acryl ist eine Ableitung von Acrylat (Kunststoff), somit sind mit Acrylnägel Kunststoffnägel gemeint. Gele sind ebenfalls Acrylate und der Name Gel beschreibt hier lediglich die andere Optik des Materials, um sprachlich das neue System anders zu benennen. Ebenfalls Acrylate sind Tips, Dippingpowder, Shellace oder Nagelfolien.
Acrylnägel oder Gelnägel?
Jede NageldesignerIn wird diese Frage unterschiedlich beantworten. Ich habe 2014 mit der Acryltechnik begonnen und 2018 auf das Gelsystem gewechselt, da immer grandiosere Produkte, z.B. Polygel, den Markt eroberten. Acrylprodukte sind über die Jahre zwar auch etwas weicher (und damit besser) geworden und können ergänzend Vorteile bringen, weshalb ich mich von meinen Acrylprodukten nie getrennt habe, dennoch halte ich das alleinige Angebot von Acryl im Studio, nicht für sinnvoll.
Die Vorteile von Gel
- Materialauswahl: Während man bei Acryl an die Materialhärte gebunden ist, bieten Gele diverse Möglichkeit: Von weich bis hart (in der Bearbeitung), von flexibel bis fest (im Tragegefühl), von dünn bis dick (in der Konsistenz).
- Haftung: So unterschiedlich unsere Naturnägel sind, so unterschiedlich sind ihre Bedürfnisse und verschiedene Kriterien müssen für gute Haftung erfüllt sein. Naturnägel unterscheiden sich im Wasseranteil, im PH Wert, in der Stärke, in der Form, im Wachstum. Manche sind beschädigt, brüchig oder werden durch Medikamente, Hormone oder Krankheiten strapaziert, andere geben während der Tragezeit Feuchtigkeit ab. Für all diese Bedürfnisse benötige ich ein großes Repertoire an Produkten und verschiedene Inhaltsstoffe, die die Gelpalette bietet.
- Säure: Der Säureanteil von Acryl schränkt bei der Arbeit ein (auf trockenen Nägel belasten säurehaltige Produkte diesen zusätzlich), während Gele in allen Varianten – von säurehaltig bis säurefrei – erhältlich sind.
- Geruch: Der Eigengeruch von Acryl ist stark und kann auf Dauer stören (auch wenn man es als Nageldesignerin irgendwann nicht mehr riecht). Gele haben – wenn überhaupt – einen sehr schwachen Eigengeruch.
- Pinsel: Während Gelpinsel aus hochwertigen Synthetikhaar bestehen, handelt es sich bei Acrylpinsel immer um Echthaarpinsel. Hinter den Kunstbegriffen „Kolinsky“ oder „Rotmarder“ steckt meist das importierte Fell des sibirischen Feuerwiesels, die auf Pelzfarmen gezüchtet oder mittels Fallen gejagt und getötet werden.
Die Vorteile von Acryl
- Stabilität: Vor allem wenn es um sehr stabile Nägel, Modellagen in Überlänge und Nailart geht, kann Acryl einiges. Meine Meisterschaftsnägel 2024 (Candyland) waren zu einem großen Teil aus Acryl gefertigt, nicht alles wäre hier mit Gel überhaupt möglich gewesen.
- Nailart: Verarbeitung von Nailart in einem Bereich, den Licht nicht erreichen kann (z.B. beim Arbeiten mit Silikonformen oder bekleben von Figuren und Overlays). Acryl härtet immer, Gel nur dort wo Licht hinkommt.
- Untergrund: Verarbeitung von anderem Material in die Modellage (z.B. Metall, Holz, Perlen, Overlays oder Steinchen) wie es bei Meisterschaftsnägeln üblich ist. Die Haftung von Acryl auf fast jedem Untergrund ist spektakulär, selbst auf schmutzigen oder nicht mattierten Oberflächen. Abseits der Nagelmodellage kann mit Acryl fast alles repariert, zusammengeklebt oder „erbastelt“ werden.
- Ablösbarkeit mit Aceton – sowohl die Modellage selbst als auch verklebte Acrylpinsel können mit Aceton abgelöst werden.